Wohnen an der kleinen Pfinz - ein Quartier für alle Generationen

Auslober / Verfahren:

Stadt Stutensee, Mehrfachbeauftragung mit vorgeschalteter Präqualifikation

Visualisierung:
stuchlik3d, Pfinztal

Wettbewerbsaufgabe:

Die Stadt Stutensee beabsichtigt das im Sanierungsgebiet „Zentraler Ortsbereich Blankenloch" gelegene Gelände des alten Schwimmbads neu zu nutzen. Angrenzend an das Planungsgebiet befinden sich südlich die Festhalle und das evangelische Gemeindezentrum. Auf dem Planungsgebiet befindet sich derzeit noch das alte Stutensee-Bad. Das Stutensee-Bad wird nach der Eröffnung des neuen Hallenbades an anderer Örtlichkeit – voraussichtlich im Juli 2018 – stillgelegt und von Seiten der Stadt abgebrochen. Gegenstand des Entwurfs ist der Bereich zwischen der Badstraße im Westen, der Erich-Kästner-Straße im Osten. Im Norden grenzt die, an das Grundstück des jetzigen Hallenbadareals, angrenzende Bebauung bzw. die noch neu zu bauende in Ost-West-Richtung verlaufende Verbindungsstraße das Gebiet ab. Weiter wird der Parkplatz der Festhalle in den Süden verlegt. Dadurch wird eine neue Verbindungsstraße entlang dem Festhallengebäude erstellt. Diese grenzt das Planungsgebiet im Süden ab.
Die Ausloberin plant das Grundstück des Areals durch die Brachflächenaktivierung/Konversion neu zu entwickeln, indem sie dieses an einen Investor oder eine Investorengruppe vergibt.
Entsprechend des eingereichten Entwurfs soll bezahlbares und barrierefreies Wohnen (Eigentums- und Mietmodell) in einem generationenübergreifenden und sozial durchmischten Quartier realisiert werden.

Konzept:

Städtebauliches Konzept
Das Quartier an der „kleinen Pfinz" findet ringsum sehr unterschiedliche Randbedingungen vor, auf die wir mit unserer Bebauung mit verträglichen Abständen, Gebäudestellungen und Gebäudehöhen reagieren und so den Dialog mit dem Bestand schaffen.
Das neue Wohngebiet hat eine homogene Dichte und Körnung und hält durch die lockere Bebauung mit Einzelgebäuden nach Osten, Süden und Westen seine Außenkanten offen und einladend.
Im Norden schließt die dreigeschossige Reihenhauszeile das Areal gegenüber der Straße an dem kleinen Gewerbegebiet mit drei Einfamilienhäusern ab.
Im Osten entlang der Erich-Kästner-Straße reihen sich 4 viergeschossige Stadtvillen, welche zu den Sondernutzungen Hallenbad, Sporthallen, Schule und Festplatz durch den kleinen Wasserlauf mit Uferbegrünung und breitem Fußweg einen großen Gebäudeabstand einhalten.
Auf den nachbarlichen Maßstab der bestehenden Wohnbebauung Blankenlochs reagieren wir im Süd- und Nord-Westen mit dreigeschossigen Gebäuden, die durch den breiten Straßenraum einen angenehmen Abstand zum Bestand haben.
Verbindendes Element des Quartiers an der „kleinen Pfinz" ist der zentrale Platz, der sich einladend nach Süden öffnet und an den alle neuen Gebäude mit ihren Bewohnern direkt angebunden sind. Der Zugang zum Quartiersplatz wird durch das einzige fünfgeschossige Gebäude, ein kompaktes Punkthaus, markiert.
Das Areal bildet einen selbstbewussten, neuen Baustein in Blankenloch, der sich als eine Einheit präsentiert. Diese kennzeichnet sich durch eine durchgehende architektonische Formensprache und Materialität, die nicht zwischen den unterschiedlichen Bewohnern und Gebäudetypen unterscheidet. Durch das Anheben des Areals um ca. 50 cm gegenüber den umliegenden Gehweghöhen, wird das Quartier an der „kleinen Pfinz" erkennbar zusammengefasst und die Zugänge an jeder Seite erfahren eine betonende Aufwertung.
Die neue südliche Erschließungsstraße wird gerade am Gebiet vorbeigeführt und von Bäumen begleitet. Dadurch ist es möglich, vor der Festhalle, die ihren Haupteingang auf der nördlichen Gebäudeseite hat, einen angemessenen Vorplatz auszubilden. Die baumgesäumte Platzfläche ist Treffpunkt und Verteiler für zukünftige Veranstaltungen und zieht sich bis auf die Straße, um eine Verkehrsberuhigung zu erzielen.

Verkehrskonzept
Alle KFZ-Stellplätze für den geförderten Wohnungsbau und die Besucherstellplätze sind oberirdisch als Senkrechtparker entlang der Badstraße und der nördlichen Erschließungsstraße angeordnet. Der Gehweg verlagert sich weg vom Straßenverkehr und hin zum neuen Wohngebiet. Regelmäßige Baumstellungen zwischen den Stellplätzen rhythmisieren den Straßenraum.
Die restlichen Stellplätze befinden sich in einer zentralen Tiefgarage unter dem Quartiersplatz, wodurch das gesamte Quartier im Inneren autofrei bleibt.
Alle Gebäude, deren Nutzer über einen Tiefgaragenstellplatz verfügen, haben einen unterirdischen, direkten Zugang zur Tiefgarage und über Aufzüge einen barrierefreien Zugang zu ihren Stellplätzen. Zusätzlich gibt es einen zentralen Zugang zum Quartiersplatz. Die Zufahrt zur Tiefgarage ist vom Quartier abgewandt in die nördliche Gebäudezeile integriert und wird über die neue Erschließungsstraße erreicht.
Besucher-Fahrradstellplätze sind dezentral auf dem Areal angeordnet, Fahrradabstellplätze für die Bewohner und Standorte für den Müll sind in mehreren, den Gebäuden zugeordneten Räumen in der Tiefgarage angeordnet.

Freiraumkonzept
Der Quartiersplatz ist der zentrale Begegnungsraum, Treffpunkt und Verteiler des Viertels. Der räumlich klar gefasste Platz öffnet sich mit einer großzügigen Freitreppe nach Süden Richtung Festhalle, große Bäume mit Erdverbund gliedern den Platz räumlich. Ein Freizeitband mit differenzierten Spielplätzen und Angeboten für alle Altersgruppen gestaltet den Platz in der Länge. Im Erdgeschoss am nördlichen Ende des Quartiersplatzes befindet sich ein Gemeinschaftsraum, der allen Bewohnern zur Verfügung steht und die Vorfläche auf dem Platz mit einbezieht.
Die Schilf- und Graslandschaft am Wasserlauf wird von Osten bis zum Quartiersplatz weitergeführt, um die Natur in die Mitte des Quartiers zu holen.
Der fußläufige Zugang zum Quartier erfolgt von der Badstraße aus über Rampen, die von einem Mäuerchen begleitet werden. Die Wege zur Quartiersmitte weiten sich zu Aufenthalts- und Ruhebereichen mit Bänken unter kleinen Zierobstbäumen auf. Alle Gebäude werden aus dem Quartier heraus erschlossen, wodurch das Quartier belebt wird und sich eine eigene Nachbarschaft bildet.

Gebäude- und Fassadengestaltung
Alle Gebäude im Quartier sind erkennbar in einer Formensprache gehalten. Starke Elemente finden sich in allen Gebäuden wieder: klare geschnittene Gebäudekörper, Öffnungen zu allen Seiten, stehende Fensterformate mit horizontalem Fassadenspiel, eine verbindende, mit Klinker verkleidete Erdgeschosszone und in das Gebäude rückspringende Hauseingänge. Im Detail gibt es feine Differenzierungen, die auf die jeweiligen Situationen reagieren: Die städtischen Seiten haben Loggien mit halbhohen, massiven Brüstungen, im Quartiersinneren dagegen gibt es zu einem lebhaften Bild versetzte Balkone. Großen Wert wurde auf die Gestaltung der Gebäudeenden, der Kopfseiten zur Nachbarbebauung an der Badstraße gelegt. Der Baukörper verspringt und wird dreigeschossig, die Fläche passt sich dem Umgebungsmaßstab an und bildet mit einer angeschlossenen Loggia eine attraktive Kopfseite.

Material- und Farbkonzept
Die verwendeten Materialien sollen sich in die Umgebungsbebauung einfügen und dabei modern und zeitlos sein.
Die Einfriedung des Areals erfolgt mit einer ca. 50 cm hohen, wertigen und robusten Klinkermauer, die sich in ihrer Farbe und Haptik am historisch oft verwendeten, gelblichen Sandstein orientiert. Der gleiche Klinker findet sich im Erdgeschosssockel aller Gebäudefassaden wieder, dem am meisten beanspruchten Bauteil. Das Bild des Quartiers wird aus der Fußgängerperspektive angesichts des Klinkers durch natürliche Qualität und Langlebigkeit geprägt.
Die Fassaden der Obergeschosse werden hell verputzt, um den Gebäuden Eleganz zu verleihen. Der feine Putz steht im Kontrast zum rauen Klinker, reflektiert die Sonne und erzeugt Helligkeit im Quartier.
Fenster, Haustüren, Brüstungen und Dachrand werden filigran, mit einfacher Geometrie und ohne technische Anmutung ausgebildet, um die präzise Eleganz der Gebäude zu unterstreichen.

Durchmischung des Wohnungsangebots
Das neue Quartier in Stutensee soll den unterschiedlichen Lebensumständen der Menschen und ihren individuellen Wohnbedürfnissen Rechnung tragen. Geplant ist ein vielfältig gemischtes Wohnviertel für alle Einkommensgruppen und Generationen: von jungen Familien bis zu Senioren.
Alle Geschosswohnungen sind über einen Aufzug barrierefrei erreichbar, 80 % aller Wohnungen sind vollständig barrierefrei.
Das neue Quartier integriert alle Nutzergruppen und bringt sie zusammen. Architektonisch ist es in einer durchgehenden Formensprache geplant, so dass es keine optische Ab- und Ausgrenzung gibt. Jedes Gebäude vermittelt optisch dieselbe Wertigkeit - ungeachtet der Einkommensverhältnisse, Familienstruktur oder des Alters der Bewohner. Optisch verbindendes Element ist die Verwendung von Klinkersteinen an der Fassade. So entsteht eine harmonische Durchmischung der vielfältigen Nutzergruppen bei einem gleichzeitigen homogenen Gesamterscheinungsbild. Dieses eint die Vielfalt im Inneren als gemeinsamer Rahmen und wirkt für das junge Quartier identitätsstiftend und verbindend.
Das Herzstück des autofreien Quartiers und Ort der Begegnung ist ein langgestreckter Platz mit tief wurzelnden Bäumen, an den alle Gebäude angrenzen. Eine Möglichkeit zum nachbarschaftlichen Austausch bietet auch der Gemeinschaftsraum, der von allen Bewohnern genutzt werden kann.
Geplant ist eine Mischung aus Reihenhäusern und Geschosswohnungsbau mit unterschiedlichen Wohnungstypen. Die Vielfalt der Wohnungstypen, -größen und -zuschnitte sowie eine ausgewogene Differenzierung der Kauf- und Mietpreise sorgt dafür, dass für jede Lebensphase ein passendes Angebot entsteht.

Typisierung der Wohnungen & Gebäude nach Nutzergruppen
Atriumhaus: Bezahlbare, barrierefreie 4-Zimmer-Wohnungen für Familien & Alters-WGs
Punkthaus: Kompakte, Preisgedämpfte und barrierefreie 2 & 3-Zimmer-Wohnungen für Alleinlebende, Ältere, Studenten/Auszubildende, Berufsanfänger, Alleinerziehende und junge Familien
Zeilen: öffentlich geförderte und freifinanzierte 2, 3 & 4-Zimmer-Wohnungen von kompakt bis großzügig, unterschiedlich geschnitten und überwiegend barrierefrei für alle Lebenssituationen in guter sozialer Mischung
Reihenhäuser: Effiziente 4-Zimmer-Reihenhäuser mit eigenem Garten und genug Wohnraum für Familien mit Kindern
Stadtvillen: Großzügige, barrierefreie 3 & 4-Zimmer-Wohnungen für Familien, Menschen mit gehobenem Wohnanspruch und Ältere, die ihre Einfamilienhäuser verlassen

Energetisches Konzept
Ziel ist die Entwicklung eines ökologisch und ökonomisch optimierten Wohnquartiers, das hohe Komfort- und Behaglichkeitsansprüche erfüllt, niedrige CO2-Emissionen in Herstellung, Betrieb und Recycling verursacht, kostengünstig im laufenden Betrieb funktioniert und damit nachhaltig ist.
Um dies zu erreichen, werden die Gebäude in einer kompakten Bauform mit einem günstigen A/V-Verhältnis errichtet, hoch wärmegedämmt und zur Sonne ausgerichtet. Gleichzeitig ermöglicht die Setzung der Baukörper eine ausgezeichnete Tageslichtversorgung und eine gute natürliche Durchlüftung.
Um das Quartier möglichst CO2-arm und autark zu versorgen, sollen große Solarthermie-Kollektoren auf den Flachdächern installiert werden. Diese können 30 % des jährlichen Heizwärmebedarfs decken und die Warmwassererzeugung übernehmen. Die verbleibende Wärme kann über effiziente Gas-Brennwertkessel erzeugt werden, die gebäudeweise, zentral installiert werden.
Die Dachflächen der Gebäude werden begrünt, um das lokale Mikroklima zu verbessern, den Heat-Island Effekt zu reduzieren und um das Regenwasser zu speichern. Neben den Solarthermie-Kollektoren werden aufgeständerte Photovoltaik-Paneele installiert und der erzeugte Strom selbst verbraucht. Strom-Überschüsse können z. B. zum Aufladen von Elektrofahrzeugen in der Tiefgarage verwendet oder in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.
Der KFW55 Effizienzhaus-Standard wird mit diesem Konzept angestrebt. Hierfür kann gegebenenfalls auch ein zentrales BHKW zum Einsatz kommen.