Wettbewerbsaufgabe:
                                                        Das Fichte-Gymnasium hat dringenden Bedarf an einer Ganztageseinrichtung und an weiteren Klassenräumen. Ein Teil dieser Klassenräume wird derzeit in einem Erweiterungsbau über dem Pausenhof auf dem Grundstück Sophienstraße 12-16 realisiert. Zusätzliche Erweiterungsmöglichkeiten sind darüber hinaus auf diesem Grundstück nicht gegeben.
Aus diesem Grund hat die Stadt Karlsruhe - als Auftraggeber vertreten durch das Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft - das Grundstück in der Sophienstraße 2 erworben. Die dort vorhandene Bausubstanz stellt sich nach eingehenden konstruktiven Untersuchungen sehr heterogen dar.
Es sind erhebliche bauliche Aufwendungen erforderlich, das Gebäude brandschutztechnisch und bauphysikalisch den Anforderungen eines Schulbaus anzupassen. Da ein Umbau des Bestandsgebäudes weder funktional noch wirtschaftlich sinnvoll darstellbar ist, sollen die benötigten Räume des Fichte-Gymnasiums nach Abriss des Bestandsgebäudes in einem Neubau untergebracht werden. Hierfür wurde eine Mehrfachbeauftragung ausgeschrieben, zu der fünf Architekturbüros eingeladen wurden.
Das Wettbewerbsergebnis wird weiterentwickelt bis zur Entwurfsplanung mit Kostenberechnung und soll für den Doppelhaushalt 2011/12 vorbereitet werden.
                        
                                                    Konzept:
                            Städtebauliche Einbindung
 Das Quartier zeichnet sich
 durch eine homogene Blockrandbebauung aus. An der schiefwinkeligen 
Schnittstelle zwischen Karl- und Sophienstraße entsteht eine klaffende 
Fuge, die aus der bestehenden Situation heraus auch nicht einfach 
geschlossen werden kann. Der Bestandsschutz, die notwendige 
Zugänglichkeit in den Hof, die Fensteranordnung im Bestand und der 
Brandschutz fordern Berücksichtigung.
 Wir nutzen dies, um das 
Schulhaus frei zu stellen.
 Dadurch können wir die Stellplätze und die
 Anlieferung des Geschäftshauses in der Karlstraße auf unspektakuläre 
Weise anbinden und eine für ein Gymnasium angemessene Vorfläche mit 
großzügiger Eingangssituation entwerfen.
 Die Straßenflucht wird exakt
 aufgenommen, die für den Straßenraum ebenso wichtige Traufhöhe wird 
durch unseren drei- geschossigen Neubau weitergeführt.
 Im Bereich des
 Innenhofs schließt der eingeschossige Baukörper das Schulgelände zur 
Geschäftsbebauung der Karlstraße ab. Um die wertvolle 
Frei-/Pausenfläche, die zukünftig durch den Speisesaal belegt sein wird,
 den Schülern und dem grünen Blockinnern zurückzugeben, schlagen wir 
vor, die Dachfläche als Dachgarten über eine "begrünte Tribüne" mit der 
auf Straßenniveau liegenden Pausenfläche zusammenzuführen.
 Erschließung
 / Pausenfläche / Außenanlage
 Der Eingang des Schulhauses liegt unter
 dem auskragendem Baukörper direkt an der Sophienstraße in Richtung 
Hauptgebäude Fichtegymnasium. Die wettergeschützte Vorfläche mit 
massiven Sitzbänken ist idealer Treffpunkt für die Schüler. Der offene 
Durchgang zum Hof erweitert die Pausenfläche zusätzlich. Dieser Bereich 
ist durch ein Schiebetor im Hinterhof zur Straße hin abschließbar. Der 
Belag unter dem Baukörper ist um eine Stufe gegenüber dem öffentlichen 
Raum angehoben und mit den gleichen Klinkern belegt, die auch bei der 
Fassade des Schulgebäudes Verwendung finden. Der nichtüberdachte 
Durchgang zum Innenhof ist mit einem versickerungsoffenen Asphaltmastix 
belegt. Die Farbe des Asphalts entstammt dem gleichen Farbkanon wie die 
Fassade selbst. Auf dem Hof bilden die Sitzbankreihen aus Betonblöcken 
die Fortführung der Stufen der Tribüne. Die begrünte Tribüne und die sie
 begleitende Treppe führen hoch zum Dachgarten oberhalb des Speisesaals.
 Vielfältige Nutzungen sind möglich, für Schüler und Klassen, für die 
Pause und für den Unterricht.
 Alle bestehenden Bäume im Innenhof 
bleiben als sommerliche Schattenspender erhalten. Die nördliche 
Grenzwand schließt den Hof räumlich ab und soll zur "Aktivwand" werden. 
Graffiti erwünscht!
 Grundrissgliederung / Räumliches Konzept
 Das
 Gebäude ist in die Verkehrs- und in die Zone der Hauptnutzflächen 
gegliedert. Zur lauten Straße nach Süden liegt die Erschließung und 
bildet einen natürlichen Lärmschutzriegel für die Klassenräume. Diese 
sind zum ruhigen Innenhof nach Norden orientiert. Die großen Glasflächen
 sorgen für üppige, gleichmäßige Belichtung der Unterrichtsräume, auf 
sommerlichen Sonnenschutz kann aufgrund der Nordausrichtung komplett 
verzichtet werden.
 Blickbeziehungen
 Wenige, dafür aber gezielt
 gesetzte Öffnungen schaffen Kontakt zur Stadt, Ausblicke auf die Straße
 und auf den neu geschaffenen Vorplatz.
 Im rahmenlos verglasten 
Panoramafenster im 1. Obergeschoß sitzt man wortwörtlich "über" der 
Straße, man erlebt die Straße. Ein großer Luftraum bindet das 1. und 2. 
Obergeschoß in der Erschließungszone zusammen. Von beiden Ebenen besteht
 Blickkontakt auf den westlich gelegenen Vorplatz mit Haupteingang. Auf 
der gegenüberliegenden Seite Richtung Osten fällt das morgendliche 
Sonnenlicht durch die netzartig gemauerte Vorsatzschale in warmem Ton in
 den Treppenraum und schafft eine außergewöhnliche Atmosphäre.
 In den
 Klassenräumen sind die Fenster so nieder angeordnet, dass man auch aus 
sitzender Position Blick nach außen auf den Dachgarten und in den 
Pausenhof hat.
 Durch die schwellenlose Fensterfront des Speisesaals 
fließt Innen und Außen zusammen.
 Innere Organisation
 Die 
innere Organisation des Schulhauses ist für den Ankommenden auf den 
ersten Blick komplett erfassbar. Schon vom Gehweg schaut man durch die 
großzügige Verglasung ins Foyer. Kaum hat man dieses betreten, sieht man
 vor sich Treppe und Aufzug, welche die oberen Geschosse mit den 
Musiksälen erschließen. Linkerhand schließt sich an das Foyer der 
ebenerdig gelegene Speisesaal an. Er öffnet sich in voller Breite zum 
Pausenhof, im Sommer kann natürlich auch im Freien gegessen werden. 
 Der
 Universalraum ist hinter dem Speisesaal angeordnet und kann hier 
optimal eingesetzt werden. Durch eine mobile Trennwand ist er dem 
Speisesaal direkt zuschaltbar und kann z. B. als Bühnenraum für 
Schulveranstaltungen genutzt werden. Durch eine eigene Außentür ist er 
aber auch direkt vom Pausenhof aus zugänglich und kann den Schülern zur 
Überbrückung der freien Zeiten oder für die Hausaufgabenbetreuung 
geöffnet werden.
 Im Obergeschoss haben wir auf jeder Ebene einen 
Musiksaal und einen Aufenthaltsraum angeordnet. Diese sind mit einer 
Verbindungstür ausgestattet, sodass u. U. eine Lehrkraft die 
Aufsichtspflicht in beiden Räumen wahrnehmen kann.
 Im Untergeschoß 
finden sich alle erforderlichen WC-Anlagen, Neben-und Technikräume.
 Fassade
 und Materialie
 Das Thema der Fassade soll das Spiel zwischen 
moderner Gebäudehaut und klassischen Fassadenelementen sein. Die in den 
benachbarten Fassaden zu findenden Themen werden in zeitgemäße Formen 
und Materialien transformiert. Wir greifen die Gliederung der 
Gründerzeitfassaden in Sockel, Fassade aus Backstein, Dachfries und das 
Einfassen der Fenster mit Naturwerkstein auf.
 Umgesetzt wird die 
Fassadengliederung unaufdringlich innerhalb des Mauerwerkverbands in 
handwerklicher Kunst. Die Sockelzone als stehende Grenadierschicht, die 
Fläche im Halbverband, die Attika, auch als stehende Grenadierschicht 
mit abschließender, liegender Rollschicht und die Gebäudeecken im 
liegenden Wechsel. Die Fenster erhalten umlaufende, hervorstehende 
Fenstergewände aus schlanken Betonfertigteilen.
 Das steinerne 
Schulhaus wird mit einem hellen Klinker im Riegelformat 490 x 40 x 90 
mm, mit ca. 7 mm tiefliegenden Lagerfugen und stumpf gemauerten 
Stoßfugen, als hinterlüftete, zweischalige Wand, ausgeführt.
 Das sehr
 schmale und lange Ziegelformat in Verbindung mit den zurückliegenden 
Lagerfugen betont die horizontale Schichtung der einzelnen Steinlagen. 
Der Schattenwurf der Fugen verleiht der Fassade Plastizität und eine 
angenehme Rauheit. Ganz nebenbei ist diese schroffe Oberfläche für 
Graffitis äußerst ungeeignet.
 Die Fensteranlagen sind als 
Pfosten-Riegel-Konstruktionen konzipiert. Die geölten Eichenprofile im 
Innern korrespondieren mit den anderen Ausbauelementen aus dem gleichen 
Holz. In der Treppenhaus- und Flurzone sind alle Fenster festverglast, 
notwendige Glasstöße sind profillos stumpf gestoßen.
 Es entsteht eine
 sehr helle, moderne Steinfassade, die in traditioneller Art und Weise 
hergestellt wird. Die Fensteranlagen des Speisesaals und der 
Klassenräume werden ebenfalls als Pfosten-Riegel-Fassaden geplant. Hier 
gibt es, angepasst an die Nutzung, verschiedene Öffnungsmöglichkeiten.
 Als
 Fußboden in allen unterschiedlichen Nutzungszonen stellen wir uns einen
 im "Englischen Verband" verlegten Eiche-Mosaikparkettboden vor. Dieser 
zeitlose und robuste Boden zeichnet sich durch ein sehr günstiges 
Preis-Leistungsverhältnis aus. Den Abschluß zu den weiß verputzten 
Wänden bilden massive Holzsockelleisten.
 Die Decken werden nur im 
Erdgeschoß abgehängt, um Installationen und Beleuchtung zu integrieren. 
In den Klassenzimmern und im Treppenraum bleiben die Decken 
unverkleidet, so dass deren Speicherkapazität zum sommerlichen "Kühlen" 
voll ausgenutzt werden kann. Auf eine verzögernde Fußbodendämmung in den
 Obergeschossen wird verzichtet. Es wird lediglich ein Verbundestrich 
eingebaut. Durch die enorme Masse der Betondecken belegt mit 
Verbundestrich wird dem Trittschall genüge getan.
 Akustik
 Im 
Erdgeschoß im Bereich des Speisesaals und des Universalraums werden die 
Decken mit schallabsorbierenden Decken abgehängt.
 Im Treppenhaus ist 
das große Sitzfenster mit dickem, hellgrünem Wollfilz der den Schall 
schluckt, ringsum ausgekleidet. Gleiches findet sich in den Musiksälen 
wieder. Hier sind die raumhohen Einbauschränke mit Wollfilz bezogen. In 
den Aufenthaltsräumen sind die Raumrückwände mit schallschluckenden 
Pinnwänden beplankt, lokal werden frei abgehängte Akustiksegel 
eingesetzt.
 Kunstlicht
 In den Klassenräumen sind abgependelte 
Langfeldleuchten mit einer direkten- und indirekten Lichtabstrahlung 
vorgesehen. Der indirekte Lichtanteil nutzt die Decke als Reflektor, 
hellt diese angenehm auf und schafft dadurch einen freieren 
Raumeindruck.
 Das Kunstlicht im Speisesaal und im Universalraum wird 
durch punktförmig angeordnete Deckenein- und Aufbauleuchten erzeugt. Wir
 differenzieren in Gehzonen und Sitzbereichen innerhalb des Raumes. Im 
Sitzbereich kommen die gestreut angeordneten Aufbauleuchten, im 
Gehbereich die linear gereihten Einbauleuchten zum Einsatz.
 Rettungswege
 Selbstverständlich
 verfügt das Gebäude über zwei bauliche Rettungswege aus jedem Geschoss,
 die direkt ins Freie führen. Der erste Rettungsweg erfolgt über den 
offenen Treppenraum, der ohne weitere Abschlusstüren auskommt. Es werden
 nur die Klassenraumtüren als T 30 rs Türen mit Freilaufschließer, die 
über einen Rauchmelder gesteuert sind, ausgestattet. Die Entrauchung 
erfolgt über den Abluftkamin über dem Luftraum.
 Der zweite 
Rettungsweg erfolgt über die wettergeschützte Außentreppe auf den 
Dachgarten und von dort über die Tribünentreppe in den Pausenhof.
 Natürlich
 lässt die freie Vorfläche auch ein Einfahren von Rettungsfahrzeugen bis
 in den Pausenhof zu.