Realisierungswettbewerb mit Ideenteil Waldstadt, Königsberger Straße, Teilbereich West, Karlsruhe

Auslober / Verfahren:

VOLKSWOHNUNG GmbH, Karlsruhe

Visualisierung:
stuchlik3d, Pfinztal

Wettbewerbsaufgabe:

Die VOLKSWOHNUNG GmbH beabsichtigt die zukünftige Weiterentwicklung des Stadtteils Waldstadt mit zukunftsweisendem Wohnungsbau. Im Wettbewerb soll der Teilbereich West an der Königsberger Straße städtebaulich neu geordnet werden.
Auf den ca. 12.600 m² großen Flächen des Realisierungsteils soll ein attraktives, ökologisches Quartier mit einem ausgewogenen Wohnungsmix und einem Schwerpunkt an bezahlbarem Wohnraum entstehen. Das Bestandsgebäude wird zugunsten der Neubebauung rückgebaut. Die Besonderheit der Aufgabenstellung liegt in einer angemessen städtebaulichen Dichte unter Berücksichtigung der Wohnqualität sowie der Aufenthaltsqualität und Nutzbarkeit der Freiflächen. Zudem sollen innovative Konzepte, die auch Fragen des nachhaltigen Energieeinsatzes berücksichtigen, vorgeschlagen werden. Für den nördlich gelegenen Ideenteil mit ca. 2.900 m² soll ein städtebauliches Konzept für eine Wohnbebauung mit gewerblicher Nutzung im EG (soziale + gesundheitliche Infrastruktur) vorgeschlagen werden.
Ziel des Wettbewerbs ist es, für diesen Standort ein qualitätsvolles, wirtschaftliches und nachhaltiges Gebäudeensemble zu erhalten, das auf die städtebaulichen und funktionalen Anforderungen sensibel und angemessen antwortet. Dabei sind die in der Auslobung genannten Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.

Konzept:

Städtebauliches Konzept


Das Besondere an unserem Standort ist die Stadt im Wald mit fließenden Räumen. Man wohnt im Wald zwischen Kiefern und Buchen, die Krause Glucke wächst vor der Haustüre.
Von der Theodor-Heuss-Allee kommend, trifft man bei der Einfahrt in die Königsberger Straße direkt auf unser Baufeld, subtil liegt der Auftakt zur Waldstadt durch die davor stehenden Waldbäume wie in zweiter Reihe.
Unsere Baukörper liegen wie drei Steine im Wald, überwiegend im Korridor der Abrisszeile, sodass wir auf die vorhandenen Bäume Rücksicht nehmen. Die Bebauung wirkt kleinteilig, durchlässig, im ersten Eindruck zufällig. Die abknickenden Fassaden und die Staffelung der Gebäudehöhen nehmen dem Gesamtvolumen die Masse und vermitteln zur jeweiligen Nachbarschaft. Die charakteristische Freiraumstruktur mit den naturnahen Waldfingern und den fließenden Räumen wird in unserem Entwurf aufgenommen und gestärkt:
- der Abstand von Haus zu Haus ist maximal weit
- keine Wohnung ist einer anderen frontal gegenüber
- keine Loggia hat eine andere Loggia direkt neben sich bzw. gegenüber
- das Baufeld hat eine homogene Dichte und Körnung
- es gibt keine Gebäuderückseite
- es gibt einen zentralen Zugang mit dem Quartiersplatz
- die Hauseingänge sind über den Quartiersplatz sehr leicht auffindbar
- durch die gewählte Gebäudeanordnung nehmen wir Rücksicht auf die Bestandsbäume
- durch die geringe Anzahl der Gebäude und Hauseingänge fällt die Orientierung leicht
- es entsteht durch das Hochparterre Privatsphäre auch für die EG- Wohnungen
- die Außenkanten bleiben, durch die lockere Bebauung mit Einzelgebäuden, allseitig offen und einladend
Das Areal bildet einen selbstbewussten, neuen Baustein in der Waldstadt, der sich als eine Einheit präsentiert. Kennzeichnend ist eine durchgehende architektonische Formensprache und Materialität, die nicht zwischen den unterschiedlichen Bewohnern und Gebäudetypen unterscheidet.


Gebäudekonzept


Die drei kompakten Gebäude haben exakt gleiche Grundrisse, Schnitte und Ansichten. Sie wirken jedoch durch Verdrehen und Spiegeln der Baukörper unterschiedlich und abwechslungsreich. Der Grundriss ist als 10-Spänner entwickelt, der über einen zentralen, über alle Geschosse offenen Luftraum organisiert ist. Quer durch den Luftraum spannen wir versetzt und verdreht angeordnete Treppenläufe, sodass spannende Raumerlebnisse, Wege- und Blickbeziehungen entstehen.
In jedem Geschoss bilden wir den kompletten Wohnungsmix ab, sodass wir alle Geschosse baugleich übereinander stapeln können. Dies führt zu geringen Spannweiten mit einfachen statischen Systemen und durchgehenden Schachtausbildungen, was wiederum wesentlich zu einer wirtschaftlichen Erstellung beiträgt. Zusätzlich entsteht in jedem Geschoss eine soziale Durchmischung.
Die über die Oberlichtverglasungen natürlich belichtete Eingangshalle mit Luftraum schafft eine neue Wohnform in der Stadt, die identitätsstiftend sein wird, den Zusammenhalt der Hausgemeinschaft stärkt und der Anonymisierung der Bewohner entgegen wirkt.


Ankommen und innere Erschließung


Alle Hauseingänge sind ebenerdig und somit barrierefrei erreichbar. Die großzügigen und hohen Hauseingänge sind alle zurückgezogen und somit wettergeschützt überdacht. Über die breite, im Innenraum liegende Eingangstreppe trifft man auf die zentrale Eingangshalle mit gebäudehohem Luftraum. Der Aufzug ist als Durchlader konzipiert, sodass er auch das Hochparterre andient, ebenso führt er direkt in die Tiefgarage. Der Aufzug ist sowohl für den Transport von Fahrrädern als auch Liegendkranken dimensioniert. Der notwendige Treppenraum (Luftraum) führt nicht in den Keller. Hierfür gibt es einen eigenständigen Treppenabgang. Von der Eingangshalle im Erdgeschoss gibt es einen „Shortcut" jeweils auf die Gebäuderückseite, um u. a. auf kurzem Wege zu den Müllstandorten zu kommen. Im Erdgeschoss befinden sich außerdem großzügige Kinderwagen- und Rollatorenräume.


Verkehrskonzept / Ruhender Verkehr / Tiefgarage


Alle KFZ-Stellplätze für die Mieter befinden sich in der zentral gelegenen Tiefgarage. Die Besucherstellplätze sind oberirdisch als Senkrechtparker entlang der Königsbergerstraße angeordnet, wodurch das gesamte Quartier im Inneren autofrei bleibt. Alle Gebäude haben einen unterirdischen, direkten Zugang zur Tiefgarage und über Aufzüge einen barrierefreien Zugang zu den Stellplätzen. Zusätzlich gibt es zwei zentrale Zugänge ins Freie, die auch zur natürlichen Lüftung und Belichtung dienen. Die Zufahrt zur Tiefgarage ist am südlichen Ende des Grundstücks angeordnet. Sie ist komplett eingehaust und beeinträchtigt das Wohnen nicht.
Die Tiefgarage für den Ideenteil kann direkt angebunden werden, eine zweite Einfahrt ist nicht erforderlich. Notwendige Fahrradstellplätze sind ebenfalls in der Tiefgarage immer in Treppenhausnähe. Besucher-Fahrradstellplätze sind dezentral auf dem Areal in Hauseingangsnähe verortet. Die natürlich belüftete Tiefgarage verbindet alle drei Gebäude miteinander, entsprechende Licht- und Luftschächte sind in die Außenanlagen integriert.


Freiraumkonzept „Wohnen Im Wald"


Das Freiraumkonzept ist geprägt durch den vorhandenen Wald und das Prinzip der Waldstadt, „Wohnen im Wald". Entsprechend ist unser Ziel, so viele Bäume wie möglich zu erhalten und den Boden so wenig wie möglich zu versiegeln. Die Freiflächen sind als Waldboden zu verstehen, der durch ein feines, zwischen den Bäumen sich durchschlängelndes Wegenetz durchzogen wird. Es gibt keine Mietergärten, die EG-Wohnungen liegen im Hochparterre, der Wald soll für alle gleichermaßen zu Verfügung stehen. Gleichzeitig sind die EG-Wohnungen vor zu viel Öffentlichkeit geschützt. Durch die amorphe Ausbildung der Baukörper entstehen abwechslungsreiche Außenräume mit hoher Aufenthaltsqualität. Die Proportionen der Außenräume verändern sich stetig, haben immer ein offenes Ende und vermitteln Großzügig- und Durchgängigkeit. Das Herzstück des autofreien Quartiers bildet eine großzügige, platzartige Wegeaufweitung im Zentrum der drei Gebäude, die Aufenthaltsmöglichkeiten zum nachbarschaftlichen Austausch bietet. Von dort führen schmale, geschwungene Wege zu den Gebäudeeingängen und zu den bestehenden Fuß- und Radwegen. Stahleingefasste „Hochbeete" begleiten und leiten auf dem Weg zu den Hauseingängen. Diese Inseln ermöglichen auch auf der Tiefgarage die Pflanzung von Bäumen. An den Rändern der Inseln sind Sitzbänke integriert. Spielplatz-, Versickerungs- und Feuerwehraufstellflächen werden in das Freiflächenkonzept unauffällig integriert und
unterstützen den Waldcharakter. Die Müllstellplätze sind oberirdisch, an zwei Standorten in kleinen, dachbegrünten Gebäuden integriert.


Gebäude- und Fassadengestaltung


Alle Gebäude im Quartier sind erkennbar in einer Formensprache gehalten. Klare, geschnittene Gebäudekörper, Öffnungen zu allen Seiten, stehende Fensterformate mit horizontaler Fassadengliederung, eine verbindende, mit Klinker verkleidete Außenhaut und in das Gebäude rückspringende Hauseingänge.


Material- Und Farbkonzept / Nachhaltigkeit


Die verwendeten Materialien sollen sich in die Umgebungsbebauung einfügen und dabei modern, zeitlos und der besonderen Stellung im Wald zwischen Bäumen gerecht werden. Das Bild des Quartiers wird aus der Fußgängerperspektive angesichts des Klinkers durch natürliche Qualität und Langlebigkeit geprägt. Die Riemchen, in natürlich rot-bunter Farbigkeit, erfüllen diese Eigenschaften, sind gleichzeitig robust, langlebig und wartungsfrei. Die Fassade ist resistent gegen unschöne Algenbildung und Specht-Nisthöhlen. Die horizontale Gliederung wird durch umlaufende Beton-Fensterbänke erzeugt, die gleichzeitig durch ihren Überhang die Fassade schützen.
Fenster, Haustüren, Brüstungen und Dachrand werden filigran Ton in Ton, mit einfacher Geometrie und ohne technische Anmutung ausgebildet, um die präzise Eleganz der Gebäude zu unterstreichen.
Folgende entwurfliche Konzepte führen zu geringen Lebenszykluskosten und Energieeinsatz, zur Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit.
- Kompakte Baukörper mit geringer Hüllfläche
- Stapelung der Grundrisse, dadurch einfache statische Systeme und einfache vertikale Ver- und Entsorgungsführungen mit geringem Material- und Stahleinsatz
- Homogene Poroton-Ziegelaußenwand ohne zusätzliche Dämmschicht, dadurch recyclingfähig
- Langlebige und wartungsfreie Klinker-Außenfassade und Klinker-Innenfassade des Luftraumes
- Pflegeleichte Bodenbeläge in Fluren, Treppenhäusern und Außenanlagen
- Geringe Anzahl von Aufzügen, dadurch geringe Wartungskosten und TÜV-Gebühren
- Geringer Technikeinsatz (keine Lüftungsanlage in der Tiefgarage und keine kontrollierte Wohnraumlüftung), dadurch geringe Wartungskosten
- Oberirdische Müllstandorte mit direktem Zugang zum öffentlichen Straßenraum, dadurch keine zusätzliche Abholflächen und keine Servicekosten


Ideenteil


Wir runden nach Norden die Bebauung mit einem 4-geschossigen, riegelartigen Gebäude ab. Auf Straßenseite mit einer gradlinigen Flucht, auf der Innenseite reagieren wir auf die Neuplanung mit einer Faltung des Baukörpers. Im Erdgeschoss ist eine gewerbliche Nutzung, in den drei darüber liegenden Geschossen sind Wohnungen geplant. Das Gebäude ist mit zwei, im Norden liegenden Treppenhäusern geplant. Daran sind jeweils ein Drei- und ein Vierspänner organisiert. Die Hauptwohnseite ist nach Süden ausgerichtet.
Die Tiefgarage wird an die Quartiersgarage unterirdisch angebunden, es bedarf keiner zusätzlichen Zufahrt.

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